Fotografie
 
Doreen Wild

Blick zurück

 

"Ich lebe für Dich weiter"

Mir klingt das Lied von Xavier Naidoo, "Ich schau nicht mehr zurück" in den Ohren. In dem Text heißt es weiter "Aber wenn ich zurück schau, seh ich nur mein Glück. Alles andere hab ich gerne zugeschüttet und mit schönen Erinnerungen einfach überbrückt. ...." 

Es gibt wirklich viele Momente im letzten Jahr, die ich gern "zuschütten" möchte. Sie sind noch so schmerzhaft in mir, dass ich mich wirklich gern erinnern möchte an die vielen schönen Momente, die es im letzten Jahr gab. Noch nie fiel es mir so schwer, sie auch wirklich zu sehen. Die Schatten sind einfach noch sehr groß in mir. Meine Fotos haben sich mehr als je zuvor als kostbaren Schatz für mich erwiesen. 

Im letzten Jahr wurde ich mit der Vergänglichkeit unseres Lebens sehr konfrontiert. Bereits als kleines Kind wusste ich, dass es auf der anderen Seite etwas gibt, was nie sterben kann. Trotz dieses tiefen Wissens in mir, kann ich mich dem Schmerz des Todes nicht entziehen. Etwas so unabänderliches zu akzeptieren ist wirklich nicht einfach - und doch gehört es zu unserem Leben dazu. Das Jahr begann mit der Frage für mich "Was will ich sein und wer bin ich wirklich?" Wenn ich begreifen wollte, wer ich wirklich bin, dann musste ich die Antwort in meinen Wurzeln finden. Viele Fragen haben sich für mich beantwortet und ich bin wirklich tief in meine Wurzeln eingetaucht. Doch es verlief ganz anders als erwartet. Das der Tod so eine zentrale Rolle spielen würde hätte ich nie gedacht. Auf der anderen Seite hat es mich jedoch in die Unendlichkeit eintauchen lassen auf besondere Weise. Es hat mich das Leben als besonderes Geschenk sehen lassen - auch mit dem ganzen Leid und Schmerz, den wir hier erleben. Wenn wir hinter die Schleier schauen, dann sehen wir, dass da noch so viel mehr ist und nichts verloren. Die glücklichen Momente sind nicht verloren - alles lebt in uns weiter - in unseren Erinnerungen. Den schönsten Spruch, den ich nach dem Tod meines Vaters gelesen habe, hieß:

"Ich lebe für Dich weiter"

So lebt meine Papa, mit dem ich zwei Wochen vor seinem Tod noch eine Reise machen durfte, in mir weiter. Mein geliebte Hündin bewacht mich in der anderen Welt immer noch. Und wenn ich noch viel weiter gehe, dann kann ich meine Ahnen spüren, die in mir lebendig sind. Meinen Opa "Gerhard", der einen so dicken Bauch hatte, weil er einen Luftballon verschluckt hat, wie er immer sagte. Meine Oma "Dora", die ich hier auf der Erde nie kennenlernen durfte, aber ihren Name trage in abgewandelter Form. Meine Großmutter "Hanni", zu der ich zu Lebzeiten kein gutes Verhältnis hatte, aber nach ihrem Tod doch meinen Frieden mit ihr gemacht habe. Ich könnte noch mehr Ahnen aufzählen, die so lebendig in mir sind. Von den meisten habe ich keine handfesten Bilder, die Ich hier zeigen könnte, aber ich möchte euch ein paar schöne Momente und Erinnerungen aus dem letzen Jahr zeigen.

Januar 2024 

Die grönländische Öllampe "Quliiq" fand den Weg zu mir. Sie wurde im Süßgras-Kreis im Zentrum Mensch in Wiesbaden angezündet. Danke liebe Ines & Hartmut für die Möglichkeit in eurem schönen Zentrum. Danke lieber Piitaq-Pitaaq für deine wundervolle Arbeit der Qulliq".

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Meine zwei treuen Begleiter, Naomi und Cubi, beim Test einer neuen Kamera.


Pflanzen sind für mich genauso lebendig wie wir oder wie die Tiere. 


Februar 2024

Den ersten Schneeglöckchen und Krokussen in meinem Garten kann ich mich nur schwer entziehen. Spätestens dann hole ich jedes Jahr meine Kamera hervor. Behütet werde ich dabei von meiner Hündin..


Im Februar durfte ich eine Wurzelzeremonie machen für jemand anderen. Dabei spielte das Stiefmütterchen eine große Rolle. Mir war dort noch nicht klar, wie sehr es auch eine Vorbereitung war für das, was mich im nächsten Monat erwartet. Wenn man eine Zeremonie für jemanden macht, dann macht man es auch für sich selbst. Das Stiefmütterchen ist die kleine Dreifaltigkeit und wird nicht umsonst gern auch auf Friedhöfen gepflanzt. Sie schwingt energetisch sehr hoch. Sie wirkt klein und unscheinbar und ist doch so groß in ihrer Schwingung.


März 2024

Der Monat beginnt mit einer Reise. Ich hatte ursprünglich geplant allein zu verreisen, aber mir drängt sich plötzlich das Gefühl auf, dass ich unbedingt mit meinen Eltern verreisen möchte. ich überrede sie mit nach Fuerteventura zu fliegen. Genau zwei Wochen später stirbt mein Papa. Zu dieser Zeit fangen gerade die Blumen an zu blühen. Ich denke immer, wie das nur sein kann? Und doch macht es auf einer anderen Ebene so viel Sinn. Von der Seite meines Papas habe ich die Liebe zur Pflanzenwelt erhalten, ich war oft mit ihm im Garten. An dem Tag als mein Papa starb strahlte mich das Lungenkraut an als ob es sagen wollte: "Wie kannst Du nur glauben dass Dein Papa wirklich Tod ist ....!" Mein Papa hatte sich irgendwann die hälfte von dem Kraut genommen und auf seinen Balkon gepflanzt.


Ende des Monats machten wir dann eine Reise Frankreich, wo die Wurzeln von der Seite meiner Mutter herkommen. Sie trugen den Namen Ay - aus Ay in der Champagne. Wir kamen an einem Friedhof vorbei, der für die deutschen Soldaten errichtet wurde, die im ersten Weltkrieg starben - dort starb auch ein Verwandter. Mein Opa, den ich nie kennenlernen durfte arbeitet auch in Frankreich. Wir waren in einem Ort, wo er war und in dem Café hatte man das Gefühl, dass er genau dort gesessen haben könnte. Immer wieder begegneten mir Schwäne. Als ich meinen Papa begleitet habe in die andere Welt, hatte ich immer einen Bild von einem Schwan, der ihn auf die "andere Seite" brachte.. Die Schönheit des Schwanes offenbarte mir auch die Schönheit meines Vaters. Ich dachte, wie verrückt es doch ist, dass sich seine wahre Schönheit erst so richtig auf der anderen Seite mir zeigte. Die Libelle, die ich dann in Ay auf einem Schild sah, schien mir auch nochmal davon zu erzählen, dass ich genau hinschauen sollte - was ist Phantasie, Wahrheit oder Illusion? Die Libelle ist sehr weise ...

 

April 2024

Anfang April hätte ich mir zuerst überhaupt nicht vorstellen können zu arbeiten. Die Traurigkeit saß tief in mir. Glücklicherweise bekam ich einen ganz besonderen Fototermin. Ich durfte eine Fotografin fotografieren, die einen sehr schön tiefgreifenden Blick für Details hat. Es lohnt sich auf ihre Seite zu schauen Soulimages. Danke liebe Katja! Es war so ein Geschenk für mich in diesen Moment so eine wundervolle Frau in der ganzen Blütenpracht fotografieren zu dürfen. Es hat mich in dem Moment aus meiner Trauer heraus geholt. Außerdem durfte ich zwei Kommunionen in der Kirche begleiten. Zum ersten Mal stellte ich mich erfolgreich der Herausforderung - in der Kirche zu fotografieren ist für mich immer herausfordernd, denn ich finde es wichtig die Zeremonie nicht zu stören. Das geht mir auch bei Hochzeiten so - der Fokus sollte nicht bei mir sein. Außerdem durfte ich den ersten Kindergarten in diesem Jahr fotografieren. Ich freute mich sehr, dass meine Freundin mich überredet hat weiter im Kindergarten zu fotografieren. Ich wollte damit aufhören, doch merkte ziemlich schnell, wie sehr es mir fehlt und wie gern ich es mache.


Mai 2024

Der Wonnemonat Mai ist immer sehr arbeitsreich bei mir. Die Blätter sind richtig grün und es ist warm. Die schönste Zeit um draußen zu fotografieren, wenn es das Wetter zulässt. So durfte ich wieder im Kindergarten fotografieren und eine meiner Lieblingsfamilien, die ich schon etwas länger begleite. Außerdem habe ich eine Seminar von Angaangaq, dem grönländischen Schamanen begleiten dürfen. Dort habe ich sehr viel über mich auch wieder lernen dürfen. Ich finde es immer spannend, wie wir Menschen gegenseitig als Spiegel agieren und was es mit mir und den anderen macht. Mir ist es wichtig auch die Natur dabei festzuhalten, denn sie spiegelt uns ebenfalls etwas wieder. Außerdem ist der Mai ein typischer Monat für Hochzeiten - das Wetter sollte schön sein. Doch es hat geregnet in Strömen - eine echte Herausforderung für mich, Kamera und Regenschirm zu balancieren.


Die kleine Maus hat das Seminar begleitet. Eine schöne Erinnerung, dass es sich lohnt sich für diese Erde verantwortlich zu fühlen ...


Juni 2024

Der Monat ist geprägt von der Nacharbeit der Kindergartenfotos. Das ist der Teil, den ich nicht so besonders mag, aber es gehört einfach dazu. Außerdem begleite ich das Hochzeitspaar vom Mai bei ihrer freien Trauung den ganzen Tag. Rund 12 Stunden fotografieren machen sich sehr bemerkbar am nächsten Tag - der Kameraarm fühlt sich sehr schwer an nachher ;-) Aber es lohnt sich, wenn man die Rückmeldung bekommt, dass ich den Tag so festgehalten habe, wie sie ihn erlebt haben. 


Juli 2024

Der Juli begann mit einer weiteren Lieblingsfamilie - von der ersten Schwangerschaft an begleite ich sie. Es erfüllt mich immer wieder mit Dankbarkeit, wenn man so treue und liebe Stammkunden hat. Außerdem durfte ich das erste Mal an den Kranhäusern in Köln fotografieren. Ich finde es ist nicht nur eine super Location für Business-Fotos, sondern wäre auch für viele weitere Shootings geeignet. Sehr gefreut hat es mich, dass ich einen Menschen fotografieren durfte, der als erfahrener Geschäftsführer so viel Herz und Menschlichkeit in sich hat. Es macht so viel Spaß, wenn man während des Shootings noch interessante Gespräche führen kann.


August 2024

Der August hatte sehr viele schöne Momente. Eine Hochzeit direkt zu Beginn des Monats und ein Feuer, was auch nochmal mein Feuer entzündete. Ich durfte an dem Feuer Frauen in ihrer ganzen Schönheit und Nacktheit fotografieren. Ein großes Thema in der heutigen Zeit, wo die Frauen oft einem körperlichen Ideal entsprechen wollen. Dabei ist jeder so natürlich schön, wie er ist. Dann war ich mit einer Bekannten an meinem Lieblingsort in Altenberg am Wasser. Es war so ein schönes, friedvolles Gefühl.  Zwischendurch geben mir die Pflanzen immer wieder Kraft und ich gestalte aus den Pflanzenbildern Manadalas. In diesem Monat begleitete mich der Wolfstrapp - eine Pflanze, die sehr zur inneren Ruhe verhelfen kann und klare Wege zeigt.


September 2024

Der Monat fing wieder mit einer Lieblingsfamilie an. Wenn man jedes Jahr eine Familie fotografiert, dann denke ich manchmal, es sei schwer noch neue Ideen einzubringen. Doch jedes Mal ist es anders von ganz allein. So fotografiere ich am liebsten, damit es nachher authentisch wird. In meiner Heimatstadt, Dresden begegnet mir ein Schmetterlingsbaum mit vielen Schmetterlingen und einem Taubenschwänzchen - gar nicht so leicht sie einzufangen. Außerdem fotografiere ich im Abendlicht an einer Kiesgrube, wo Kindheitserinnerungen mit meinem Vater hoch kommen. Ich durfte wieder eine wundervolle Frau fotografieren, die mit viel Herz andere Menschen begleitet. Sie ist sehr verbunden mit der Steinwelt und ich vergleiche ihre Energie mit der eines Gänseblümchens. Gänseblümchen erinnern uns an das Vertrauen in die göttliche Welt. Danke liebe Melanie für Dein Vertrauen! Am Ende des Monats begegnete mir ein Krafttier, was mich schon viel Jahre begleitet. Vor meinem Fenster hatte sich eine Schnecke platziert. Sie erinnert mich ständig, dass ich mir Zeit geben soll und mich zurück ziehen darf. Tatsächlich gebe ich mir manchmal nicht die Erlaubnis, mich zurück zu ziehen. Doch gerade in diesem Jahr brauchte ich die Erinnerung sehr dringend - es hatte sich in der letzen Zeit so viel verändert. Veränderungen brauchen Zeit ...


Oktober 2024

In diesem Monat werde ich von einem 16 - jährigen Mädchen wirklich tief berührt. Es ist die Freundin von meinem Sohn. Wir fahren zusammen auf einen Kürbishof. Im Auto sagt sie zu meinem Sohn, der gerade über jemanden etwas schlechtes geredet hat, dass er jetzt zwei Mal etwas Gutes über denjenigen sagen soll. Mir treibt es die Tränen in die Augen, weil ich mich selbst so ertappt fühle. Sie sagte etwas, was ich meinen Kindern auch beigebracht hatte. Doch in der letzten Zeit selbst vergessen hatte. Damit zeigte sie mir auch, wie es mir innerlich ging. Ich war so voller Traurigkeit, dass ich auch hin und wieder schlechtes über jemanden sagte. Wenn ich in meiner Kraft bin, dann passiert mir das nicht so schnell. Ich war wirklich gerührt - wir sollten unseren Kindern wirklich zuhören. Wir können so viel von ihnen lernen. Es veranlasste mich auch, mich wieder mehr mit Pflanzen zu beschäftigen und zu fotografieren.


November 2024

Der November ist stark geprägt von dem stetig wachsenden Tumor meiner Hündin "Naomi". Wir haben vorher bereits viele Weg probiert um das Wachstum aufzuhalten - eine OP war nicht mehr möglich. Wir versuchen nochmal alles und so sollten das die letzten Bilder sein mit meiner Kamera. In diesem Monat merke ich wieder einmal, dass die Arbeit als Fotografin mich auch seelisch sehr nährt. Es sind die Momente, die mich meinen Kummer ein wenig auch vergessen lassen und ich dabei einfach große Freude empfinde. 


Dezember 2024

Es ist wirklich ein trauriger Monat, der mich an meine Grenzen bringt. Wir entscheiden, dass wir unsere Hündin einschläfern lassen, weil der Tumor immer weiter auf geht und sie kaum noch frisst. Es ist gefühlt, die schlimmste Entscheidung, die ich je treffen musste. Ich merke, dass meine Hündin noch weiter kämpfen würde. Unglaublich wie viel Schmerz Hunde ertragen. Es war so schwer, dass ich mir Hilfe suchen musste um über die Trauer hinweg zu kommen. Danke an dieser Stelle an Claudia! Sie hat wirklich ein sehr gutes Gespür für Tiere, aber auch für Menschen. Überhaupt bin ich einfach unglaublich dankbar für viele Freunde, die für mich da sind auch wenn wir lange keinen Kontakt hatten, weil ich mich zurück gezogen hatte. Weihnachten war für uns bis zum 23.12. überhaupt kein Thema. Es wollte einfach keine Weihnachtsstimmung aufkommen. Als wir den Weihnachtsbaum holten, dachte ich, dass mein Papa neben mir steht und sagt hole einen großen Baum. Er liebte Weihnachten und hatte immer Freude daran einen schönen Baum auszusuchen. Außerdem tauchte seine Weihnachtsmann- Sammlung auf, die  ich unter den Baum stellte. Bei jedem Geräusch der Weihnachtsmänner mussten wir alle lachen und an meinen Vater denken. Uns so stelle ich fest, dass er wirklich immer irgendwie bei mir ist - so wie es meine Hündin auch noch ist. 


 
 
 
 
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